Stadt reicht Klage gegen Zensus-Bescheid ein

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Beitrag vom Dienstag, 17. Juni 2025

Stadt reicht Klage gegen Zensus-Bescheid ein

Die Stadt Norderney hat Klage gegen den Zensus-Bescheid des Landesamts für Statistik Niedersachsen eingereicht.

Deutliche Abweichungen zum Melderegister

Der Bescheid setzt die amtliche Einwohnerzahl von Norderney zum Stichtag 15. Mai 2022 auf 5.367 fest. Das sind rund 13 Prozent weniger als im städtischen Melderegister verzeichnet (6.138). Die Stadt hält das Ergebnis des Zensus aus diesem Grund für fehlerhaft und rechtswidrig.

Verwaltungsausschuss beschließt Einreichen der Klage

Ursprünglich hatte die Stadt erwogen, von weiteren rechtlichen Schritten abzusehen, nachdem im formellen Anhörungsverfahren sämtliche Argumente verworfen wurden. Angesichts der möglichen massiven Auswirkungen auf die kommunalen Finanzen und die demokratische Repräsentation sieht sich die Stadt jedoch nach nochmaliger rechtlicher Beratung gehalten, gerichtliche Schritte einzuleiten; der Verwaltungsausschuss hatte in seiner Sitzung am 27. Mai einen entsprechenden Beschluss gefasst.

Kritik am Erhebungsverfahren

Die Verwaltung kritisiert insbesondere das Erhebungsverfahren: Auf Norderney wurden bis zu 50 Prozent der Bevölkerung befragt. Das ist deutlich mehr als im Landesdurchschnitt, der bei zehn Prozent lag. Die Erhebung erfolgte zudem durch Ehrenamtliche, und eine Kontrolle der Daten war der Stadt nicht möglich. Zudem widersprechen Indikatoren wie Schul- und Kitabelegung, Wahlbeteiligung und Wohnungsnutzung der ermittelten und neu festgesetzten Einwohnerzahl deutlich, teilte Bürgermeister Frank Ulrichs mit.

Stadt sieht Benachteiligung touristischer Kommunen

Touristisch geprägte Kommunen wie Norderney sind aus Sicht der Stadt durch das Verfahren besonders benachteiligt. Kurzfristige Wohnverhältnisse – etwa von Saisonkräften – würden nicht ausreichend berücksichtigt, was sich unmittelbar auf den kommunalen Finanzausgleich, das heißt der für die Insel zugesprochenen Gelder und die Zusammensetzung des Stadtrates, auswirkt.

Verfassungsrechtliche Bedenken und Gutachten

Der Verwaltungsrechtler Prof. Dr. Dombert, der die Stadt juristisch berät, hält das Vorgehen des Landes für verfassungsrechtlich bedenklich. Die Zensuszahlen seien ungeprüft übernommen worden. Ein von ihm beauftragtes Gutachten soll nun die Datengrundlage des Verfahrens aufklären.
Der Jurist vertritt derzeit rund 110 betroffene Kommunen.

Die Stadt Norderney will mit der Klage nicht nur ihre eigenen Interessen schützen, sondern zugleich auch ein Zeichen für mehr Transparenz und Sorgfalt im statistischen Verfahren setzen. Die Erfolgsaussichten sind offen, so Ulrichs, doch die Klage ist angesichts der Konsequenzen für die Insel aus Sicht der Stadt notwendig.