Beitrag vom Mittwoch, 18. Juni 2025
Insel auf dem Weg zur Wärmewende
Die Stadtwerke Norderney treiben den Aufbau eines zukunftsfähigen Wärmenetzes voran. Ausgangspunkt ist die gesetzlich vorgeschriebene kommunale Wärmeplanung, die alle Städte und Gemeinden bis spätestens 2028 vorlegen müssen. Diese gilt als ein notwendiger erster Schritt auf dem Weg zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung und soll feststellen, wie der Umbau gelingen kann.
Gesetzliche Vorgaben und Ziele
Das Wärmeplanungsgesetz schreibt klare Ziele vor: Bestehende Wärmenetze müssen bis 2030 zu mindestens 30 Prozent aus erneuerbaren Quellen gespeist werden, neue Netze sogar zu 65 Prozent. In Niedersachsen gelten besonders ehrgeizige Vorgaben: Das Land strebt die vollständige Dekarbonisierung der Wärmeversorgung bereits bis 2040 an – fünf Jahre früher als vom Bund vorgesehen.
Zukunft der Stadtwerke
Für die Stadtwerke ist das mehr als nur eine technische Herausforderung: Es geht um ihre wirtschaftliche Zukunft, denn der Großteil des Umsatzes stammt bislang aus dem Verkauf von Gas. „Das ist eine konkrete Bedrohung der Existenz eines Stadtwerks”, betonte Geschäftsführer Holger Schönemann auf der letzten Sitzung des Umweltausschusses.
Projekt mit digitalem Zwilling
Die Stadtwerke hatten bereits 2024 ein Machbarkeitsprojekt gestartet, das mit 250.000 Euro vom Bund gefördert wird. Ziel ist ein Konzept, das die künftige Wärmeversorgung auf Norderney klimafreundlich, wirtschaftlich tragfähig und lokal ermöglicht.
Im Zentrum steht ein digitaler Zwilling – ein detailliertes Rechenmodell, das für jedes Gebäude den aktuellen und künftigen Wärmebedarf erfasst.
Geothermie und Meerwasser
Um herauszufinden, wie diese Wärmemengen künftig klimafreundlich erzeugt werden können, untersuchen die Stadtwerke mehrere technische Optionen. Eine Vorstudie befasst sich unter anderem mit der Wärmegewinnung aus Geothermie unter der Berücksichtigung der empfindlichen Süßwasserlinse unter der Insel. Zudem wird die Nutzung von Meerwasser, Solarthermie, Biomasse zur Wärmeerzeugung überprüft. Die Ergebnisse sollen im Sommer vorliegen.
Dezentrale Lösungen für einzelne Gebäude
Bis März 2026 möchten die Stadtwerke alle Daten zusammenführen und bewerten. Dabei zeigt sich schon jetzt, so Schönemann, dass nicht alle Gebiete der Insel an ein zentrales Wärmenetz angeschlossen werden können. „Natürlich wird niemand auf dem Trockenen sitzen“, versichert er. Für nicht erschlossene Gebäude sollen individuelle Lösungen mit Wärmepumpen oder Wärmekontrakten entwickelt werden.
Höchste Investition der Stadtwerke
Die Kosten des Projekts sind enorm: Allein der Aufbau des Netzes und weiterer regenerativer Anlagen schätzen die Stadtwerke auf 40 bis 50 Millionen Euro. Es ist damit das bislang kostenintensivste Vorhaben des Inselversorgers. „Die Stadtwerke werden dies nicht allein stemmen können”, so der Geschäftsführer. Er hält deshalb Beteiligungsmodelle für denkbar: „Bürgermodelle könnten für eine kleine Kommune wie Norderney ein realistischer Weg sein.“
Wärmeversorgung der Zukunft
Bis Mitte 2026 wollen die Stadtwerke der Öffentlichkeit vorstellen, wie die konkrete Wärmezukunft auf der Insel aussehen kann. „Es geht darum, auf Norderney auch künftig sicher, bezahlbar und klimafreundlich zu heizen“, so Schönemann.
Verfasst von Anja Pape
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