Kurdirektor fordert Engagement

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Beitrag vom Samstag, 25. Januar 2025

Kurdirektor fordert Engagement

Im Rahmen eines Pressegesprächs zog Kurdirektor Wilhelm Loth eine weitgehend positive Bilanz für das Jahr 2024. Er sprach aber offen über Herausforderungen wie Fachkräftemangel, steigende Ansprüche der Gäste und die zunehmenden Leerstände von Geschäftsräumen.

Gästezahlen: Zurück auf Vorkrisenniveau

Hinsichtlich der Gästezahlen des vergangenen Jahres äußerte er sich positiv: „Wir sind zufrieden, sagen wir es mal so.“ Nach den Schwierigkeiten der vergangenen Jahre, insbesondere durch die Corona-Pandemie, haben sich die Gästezahlen nahezu auf das Niveau von 2019 erholt. Die touristischen Zahlen seien ermutigend und zeigen aus seiner Sicht, dass die Gäste Norderney die Treue halten. So konnte die Insel im vergangenen Jahr 580.000 Übernachtungsgäste willkommen heißen und damit 18.000 mehr als noch 2023. Im Schnitt verweilten die Urlauber 6,6 Tage. Hinzukommen 219.000 Tagesgäste. Das sind 4.000 mehr als noch 2023, allerdings 55.000 weniger als im Jahr 2018 als man gerade hinsichtlich der Tagesgastzahlen noch von einem „Overtourismus“ sprach. Gleichzeitig beobachtet die Kurverwaltung Veränderungen im Verhalten der Gäste. Buchungen erfolgen zunehmend kurzfristiger vor dem Urlaubsantritt.

Auch das Kaufverhalten habe sich verändert, denn die Gäste seien bei ihren Ausgaben zurückhaltender. „Am Urlaub selbst wird nicht gespart, aber im Urlaub. Das merken wir deutlich“, so Loth.

Leerstände und hohe Mietpreise: „Eigentum verpflichtet“

Trotz dieser Zahlen warnte der Kurdirektor vor zunehmender Passivität und thematisierte den Leerstand von Ladengeschäften kritisch und mahnte zu mehr Eigenverantwortung und gesellschaftlichem Zusammenhalt: „Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht auf unserem Erfolg ausruhen. Es gibt vieles, das wir anpacken müssen, um Norderney weiterhin als attraktive Destination zu erhalten.“ Dazu ist es aus seiner Sicht unumgänglich, dass die Eigentümer der Gewerbeflächen Verantwortung übernehmen. „Die hohen Mieten erschließen sich ja auch aus dem touristischen Erfolg dieser Insel. Aber wenn ich mich der Weiterentwicklung verschließe, nur um den Rahm abzuschöpfen, dann ist das etwas, was wir nicht akzeptieren können.“

Primär richtete er seine Kritik an Eigentümer, deren leer stehende Gebäude und Geschäftsräume sich in einem schlechten Zustand befinden und aufgrund der geforderten extrem hohen Pachten nicht neu belegt werden. Der Kurdirektor forderte in diesem Zusammenhang politische Maßnahmen sowie ein aktiveres Engagement des Einzelhandels. „Eigentum verpflichtet auch“, unterstrich Loth, davon könne man sich nicht freisprechen.

Herausforderungen im Servicebereich und gesellschaftlicher Wandel

Ein weiteres zentrales Thema war der Fachkräftemangel, der auf der Insel – wie in vielen touristischen Regionen – spürbar bleibt. „Es hat sich ein wenig entspannt, aber es gibt eine große gesellschaftliche Veränderung, was Einstellungen zur Arbeit betrifft“, erklärte Loth. Er wies darauf hin, dass die Serviceansprüche der Gäste hoch blieben, während gleichzeitig Einschränkungen im Angebot unvermeidbar seien. „Dieses 24/7-Rundum-sorglos-Gefühl wird es in der Form nicht mehr geben.“ Möglicherweise sei es Zeit über reduzierte Öffnungszeiten nachzudenken: „Ich finde, es wäre gut, wenn wir gesellschaftlich wieder lernen, dass es auch mal Tage ohne Konsum geben kann.“

Kritik an Überheblichkeit und mangelnder Wertschätzung

Besonders kritisch äußerte sich der Kurdirektor zur Haltung gegenüber Veränderungen und Projekten auf der Insel. Veranstaltungen wie das Summertime-Festival mit Künstlern wie Andrea Berg oder jungen Bands wie 01099 würden oft zunächst belächelt, obwohl sie erfolgreich seien. „Es gibt eine Form von Überheblichkeit, die uns nicht gut tut“, so Loth: „Wir sollten dankbar sein, dass uns die Gäste treu bleiben und solche Events gut ankommen.“ Häufig stoße Engagement auf der Insel auf eine ständige Bewertung, Ablehnung und Spott, was die Motivation derjenigen, die sich aktiv einbringen, beeinträchtige. „Wer sich engagiert, macht Fehler – das ist normal. Aber diese ständige Bewertung führt dazu, dass die Menschen irgendwann sagen: ‚Ich will nicht mehr.‘ Dazu kann ich nur sagen: Das tut dieser Insel nicht gut. Diese Einstellung muss aufhören.“