Bernstein im Licht

Text und Fotos: Jürn Bunje, Nationalparkverwaltung

Beitrag vom Donnerstag, 06. Mai 2021

Der Nationalpark für Entdecker: Das Gold der Meere

Eine steife Brise bläst aus Nordwest, Wolkenfetzen jagen über den Himmel, das Wattenmeer wirkt wie leergefegt. Nur wenige sind bei diesem Wetter am Strand zu sehen. Doch diejenigen, die sich trotz Schietwetter hinaus wagen und Wind und Regen trotzen, werden dafür belohnt. Denn dann ist Bernstein-Zeit.
Bernsteine ganzjährig an die Küste gespült, die meisten und größten Bernsteine findet man jedoch im Herbst, wenn der Wind von Nordwest her bläst und die Nordsee so richtig durchgewühlt wird.

Faszination Bernstein

Der goldgelbe Stein hat die Menschen schon immer fasziniert und galt seit jeher als Zeichen von Luxus und Macht, man denke nur an das berühmte Bernsteinzimmer. Er wird deshalb auch als das „Gold der Meere“ bezeichnet. Früher glaubte man, die gelb leuchtenden Brocken am Strand seien die „Tränen der Sonne“; dem Bernstein wurden sogar heilende Kräfte nachgesagt und noch heute tragen viele Kleinkinder eine Bernsteinkette, um die Schmerzen beim Zahnen zu lindern und sie zu beschützen.

Aufgrund seiner Färbung ist Bernstein auch als das „Gold der Meere“ bekannt.

So entsteht das Gold der Meere

Seinen Ursprung hat der Bernstein vor 50 Millionen Jahren, als Teile der Nord- und Ostsee von riesigen Wäldern der damals weit verbreiteten Bernsteinkiefer bedeckt waren. Wurde die Rinde dieser Kiefer verletzt, sonderte der Baum aus dieser Wunde ein zähflüssiges, goldenes Harz ab, welches langsam erhärtete und so wie ein Pflaster auf der Haut wirkte. Bernstein ist also kein Stein, sondern erstarrtes Baumharz. Später wurden diese Wälder vom Meer überflutet, das Harz von der Strömung mitgerissen und auf dem Meeresboden abgelagert. Mit der Zeit bildete sich dort aus dem Harz der Baltische Bernstein, welcher später während der Eiszeiten durch die Gletscher sogar bis in die Norddeutsche Bucht transportiert wurde und heute regelmäßig an die Strände der Nord- und Ostseeküste gespült wird.

Der beste Hinweis: Holzreste am Spülsaum

Doch es ist nicht so einfach, die kleinen Brocken am Strand aufzuspüren. Bernsteinsucher sollten Geduld und auch Bescheidenheit mitbringen, denn oft müssen sie stundenlang laufen und finden dann vielleicht nur einige Stecknadelkopf große Bernsteine. Am besten geht man langsam die Spülsäume entlang und hält Ausschau nach Ansammlungen von kleinen, braunschwarzen Holzstückchen, in denen sich häufig Bernsteine befinden. Bernstein kann sehr unterschiedliche Färbungen aufweisen, von mattem Weißgelb über klares Goldgelb bis hin zu dunklem Rotbraun. Hilfreich ist es, mit der Sonne im Rücken zu suchen, dann funkeln die kleinen Steinchen manchmal schon von Weitem auffällig.
Echter Bernstein ist daran zu erkennen, dass er viel leichter ist als richtige Steine. Zur weiteren Überprüfung kann man ihn leicht gegen die Schneidezähne klopfen; fühlt es sich wie Plastik an, dann ist es ein Bernstein. Die Trophäe kann anschließend geschliffen oder poliert werden und sollte trocken, dunkel und luftdicht gelagert werden, um sie langfristig in einem guten Zustand zu erhalten.

Vor Urzeiten umschlossen

Ganz selten findet man eine Inkluse. Das ist Bernstein mit eingeschlossenen und somit konservierten Tieren (meist Insekten) oder Pflanzenteilen aus Zeiten der Ur-Kiefernwälder. Diese Funde sind wissenschaftlich besonders interessant, da sie Hinweise zu früheren Lebensformen liefern. Es stimmt aber entgegen einiger utopischen Theorien und Filme nicht, dass man aus dem Blut einer eingeschlossenen Mücke die Dinosaurier neu entstehen lassen kann. Nichtsdestotrotz sind und bleiben Bernsteine im wahrsten Sinne des Wortes echte Highlights des Nationalparks und machen den Spaziergang am Strand zu einer kleinen Schatzsuche.
Viel Glück und Spaß beim Suchen und Entdecken.