Beitrag vom Donnerstag, 22. Februar 2024
Arztsitze: Inseln künftig „unner sück“
Im Zuge einer Neuberechnung der zugelassenen Hausarztsitze für das Versorgungsgebiet Norden bilden künftig die Ostfriesischen Inseln ein eigenständiges Planungsgebiet. Dies bestätigt die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachen (KVN) auf Nachfrage. Bisher waren die Inseln Baltrum, Juist und Norderney dem Planungsbereich Norden zugeordnet, was dazu führte, dass sich in Norden trotz Ärztemangels keine neuen Hausärzte ansiedeln konnten. „Die Zuordnung der Inseln zu Planungsbereichen auf dem Festland haben in der Vergangenheit zu einer Verzerrung der Versorgungsrealität geführt“, erläutert KVN-Pressesprecher Dieter Haffke: „Die Insel-Hausärzte versorgen nicht die Bewohner des Festlands und umgekehrt werden die Inselbewohner nicht von den Hausärzten auf dem Festland versorgt. Das ging zunehmend an der Versorgungsrealität vorbei.“
Durch die Änderung hat die KVN nun für Norden und Umgebung einen Versorgungsgrad von knapp 95 Prozent errechnet, sodass ab sofort weitere 6,5 Hausarztstellen dort verfügbar sind.
Für das neue Planungsgebiet „Ostfriesische Inseln“ ergibt sich durch die Neuberechnung laut KVN nun ein Versorgungsgrad von 212 Prozent, sodass die Inseln vorerst für weitere Niederlassungen gesperrt sind. „Die fachärztliche Versorgung ist hiervon nicht betroffen“, so Haffke: „Hier bleibt es bei der Zuordnung der Inseln zu den Landkreisen.“
Das Problem der Verzerrung bleibt damit allerdings für die Inseln bestehen, denn im Krankheitsfall würden die Insulaner einen Arztbesuch auf der Nachbarinsel noch weniger in Betracht ziehen als den Weg ans Festland, wenn die Praxen auf der eigenen Insel ausgelastet wären. In der Diskussion habe sich allerdings herausgestellt, „dass es nicht zielführend ist, jede Insel als eigenen Planungsbereich zu betrachten“, erläutert Haffke. Das Gremium habe sich aber in einer Protokollnotiz darauf verständigt, dass auf jeder bewohnten Insel mindestens zwei Hausärzte tätig sein sollten. „Unabhängig davon kann natürlich ein bestehender Arztsitz bei Aufgabe jederzeit von einem Nachfolger unabhängig von der Bedarfsplanung neu besetzt werden“, so Haffke. Aktuell zählt die KVN für Norderney und Borkum jeweils sechs Hausärztinnen und Hausärzte, auf Baltrum, Juist, Langeoog und Spiekeroog jeweils zwei und auf Wangerooge eine Ärztin.
Ulrichs: „Änderung sinnvoll“
Bürgermeister Frank Ulrichs schätzt die Neuerung als „durchaus sinnvoll ein.“ Auf Anfrage des Norderneyer Morgen schreibt er: „Bei einer Versorgungsquote von mehr als 200 Prozent ist das augenblicklich unproblematisch. Man hat die Situation der Inseln insgesamt sehr genau im Blick. Die Versorgungs- und Planungsbereiche stammen dabei noch aus einer Zeit, als es eher einen Trend zur Überversorgung gab. Heute haben wir gegenteilige Probleme und wissen, gerade im ländlichen Raum, nicht mehr, wo die Ärzte noch herkommen sollen. Die Protokollnotiz zur Mindestzahl an Arztsitzen pro Insel bezeichnet er als „vorausschauend“. Zudem sei der Tourismus auf den Inseln eine relevante Größe, „die bislang und auch aktuell bei der Bedarfsbemessung zwar nicht berücksichtigt wird, wir jetzt aber eine realistischere Bedarfsbemessung haben, da nur die Inseln in einem Pool sind. Von Vorteil ist zweifellos, dass uns die Festländer mit ihren eigenen Interessen nicht mehr „hineingrätschen“ können“, stellt der Bürgermeister augenzwinkernd fest.
Von der Änderung unberührt bleibt laut Ulrichs das Nachbesetzungsverfahren für die hausärztliche Praxis von Michael Vit: „Daran wird nach wie vor mit Hochdruck gearbeitet.“
Verfasst von Anja Pape
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