Beitrag vom Dienstag, 13. Juni 2023
Zwischen Mensch und Verwaltung
Am 1. April trat Anne Böing ihre neue Arbeitsstelle bei der Stadt Norderney an. Sie soll sich als „Insellotsin“ um die Koordination und Umsetzung der Inhalte des Lebensraumkonzeptes kümmern.
Böing hat Humangeografie mit dem Schwerpunkt Stadt- und Regionalentwicklung studiert und dazu gehört während des Studiums in Trier und Münster vor allem das Erstellen von Konzepten. Vermisst hat die kontaktfreudige 32-Jährige aber die Arbeit mit Menschen. Denn ist das Konzept erstellt, geht man zum nächsten Thema über. Nur selten gebe es Personalstellen, die gefördert werden, denn in der Regel werden Förderungen an Projekte gekoppelt. Sind diese abgearbeitet, ist das nächste Projekt an der Reihe. Damit hat sie bereits Erfahrung in verschiedenen Beratungsunternehmen gesammelt, die Entwicklungskonzepte für Städte und Gemeinden erstellt haben. Aus ihrer Sicht verbindet Quartiersmanagement und Gemeinwesenarbeit die Theorie mit der Praxis, in der es auch darum geht, Projekte zu planen und gleichermaßen mit den Menschen umzusetzen und weiterzuentwickeln. Genau das Richtige für Böing, weshalb sie in den vergangenen drei Jahren für die Gemeinwesenarbeit auf Juist zuständig war und dort die Inhalte des Juister Lebensraumkonzeptes umgesetzt hat. „In der Theorie funktionieren viele Sachen, aber in der Praxis muss man noch vieles andere berücksichtigen“, weiß Böing.
Dabei geht es ihr nicht nur darum zu unterstützen, sondern die Menschen zu befähigen, sich selbst zu helfen. So kann sie Privatleuten beim Ausfüllen von Kindergeldanträgen unterstützen, wichtige Kontakte herstellen oder Vereine und Initiativen bei Förderanträgen beraten. „Im Idealfall bringe ich durch die Beratung bei Förderanträgen mehr Geld nach Norderney, als ich koste“, sagt Böing und lacht.
Das Norderneyer Lebensraumkonzept mit seinen Handlungsfeldern liefert für Böing einen theoretischen Unterbau, was aus ihrer Sicht die Bestandsaufnahme und den ersten Überblick deutlich vereinfacht: „Wenn aber ein anderer Bedarf auftaucht, heißt es nicht, dass ich mich darum nicht kümmere.“ Die Rahmenbedingungen kennt sie zudem bereits durch die Arbeit auf der Nachbarinsel, die ebenfalls unter einem Fachkräftemangel und einer hohen Fluktuation leide und ist von Tourismus und Saisonalität geprägt. Immer stehe die Frage im Raum: „Was machen wir für den Gast und was machen wir für uns?“
Für Böing gab es verschiedenen Anlaufpunkte auf der Insel: So nimmt sie an den Sozialraumtreffen teil, zu denen regelmäßig die Vertreter von Schulen, Kindertagesstätten und Jugendpflege zusammenkommen, war beim Treffen des Förderkreises der Norderneyer Schulen, beim Teenachmittag der Arbeiterwohlfahrt und steht im Kontakt mit den Sozialarbeitern und dem Jugendcafé.
Gleich zu Beginn ihrer Arbeit hatte der Familienverein „Inselzwerge“ mit ihr Kontakt aufgenommen, um eine Hebammenversorgung auf der Insel gesichert umzusetzen. „Gerade, wenn etwas ins Stocken geraten ist, braucht es jemanden, der vermitteln kann und das kann ich“, sagt Böing. Auch dem Skaterparkprojekt hat sich Böing inhaltlich angenommen. Hier geht es darum, die Möglichkeiten und Bedarfe mit den zukünftigen Nutzern abzustimmen und Fördergelder sinnvoll einzusetzen.
Es gibt aber auch Dinge, über die sich Böing gewundert hat, als sie nach Norderney kam. So existiert beispielsweise keine Disko für Norderneyer Jugendliche und das muss sich nach ihrer Ansicht dringend ändern. Sie ist dazu derzeit in Gesprächen, klärt aber schon mal auf: „Das soll keine Großveranstaltung sein, sondern niedrigschwellig und wirklich nur für Norderneyer.“ Für sie irritierend ist zudem die Nutzung des Hauses der Begegnung, in dem Vereine zwar Räume haben, aber außerhalb dessen eben keine Begegnung stattfindet. Nach der Vielzahl der Gespräche, die Böing bislang geführt hat, ist sie jedoch sicher, dass die Inselgemeinde gerade Begegnungen braucht: Einen Raum, in dem sich Norderneyer treffen können, der flexibel von Vereinen und Privatleuten genutzt werden kann und gleichzeitig für Beratungs- oder Versorgungsangebote zur Verfügung steht, „auch das könnte ich betreuen, aber ich bin für alles offen“, so Boing.
Für Fragen und Anregungen ist Anne Böing im Rathaus unter 04932-920255 oder ananne.boeing@norderney.de erreichbar.
Verfasst von Anja Pape
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