Beitrag vom Mittwoch, 27. November 2024
Ehrenfriedhof: Den Namen ein Gesicht geben
Um das Gedenken an die Gefallenen und Vermissten der beiden Weltkriege lebendig zu halten, haben der Norderneyer Bernd Geismann und der frühere Stadtarchivar Manfred Bätje ein gemeinsames Dokumentationsprojekt ins Leben gerufen. „Es gibt Millionen von Schicksalen aus der damaligen Zeit“, schreibt Geismann in einer Mitteilung an den Norderneyer Morgen: „Wir brauchen nur auf unseren Ehrenfriedhof zu schauen, wo über 450 Norderneyer an den Ehrentafeln an die Schrecken des Ersten und Zweiten Weltkriegs erinnern.“
„Ziel soll es sein, den vielen Namen ihr ‚Gesicht‘ wieder zu geben, Interessierte über deren Schicksale aufzuklären und nachfolgende Generationen über die Folgen kriegerischer Auseinandersetzungen zu informieren“, so Geismann. Dafür lädt er Familienangehörige ein, aus ihren Erinnerungen zu berichten, „was der Familienangehörige beruflich gemacht hat und wie sein Schicksal verlief, auch wenn manches jetzt nur noch bruchstückhaft ist.“ Diese Berichte sollen anschließend in einer Dokumentation zusammengefasst und in Gedenkform am Ehrenfriedhof veröffentlicht werden, wenn die Angehörigen damit einverstanden sind. Auch eine Buchveröffentlichung ist angedacht.
Der Initiator des Projekts ist selbst Enkel eines Norderneyers, der vor achtzig Jahren, im September 1944, noch als 55-Jähriger einberufen und in den sogenannten „Volkssturm“ aufgestellt wurde. Hermann Siemens Visser hatte bereits den Ersten Weltkrieg unverletzt überlebt, schildert Geismann: „Er war von Beruf Kaufmann beim hiesigen Konsum und spielte in der Freiwilligen Feuerwehr im Musikzug und bei Umzügen der Vereine und Handwerkerschaften. In den Weihnachtstagen spielte er Weihnachtslieder mit seiner Trompete oben aus dem Turm des Kurhauses. Seine Kinder erzählten, wenn er in der Küche musizierte, liefen sie klatschend um den Tisch.“
Mit seiner Einberufung gehörte Visser zum „letzten Aufgebot“, berichtet der Enkel: „Am Ende waren es rund sechs Millionen kaum ausgebildete und schlecht ausgerüstete Einheiten, die die Wehrmacht unterstützen sollten und gegen die anrückenden Alliierten entgegengestellt wurden – die meisten kehrten nie mehr zurück.“
Auch die Spur seines Großvaters verliert sich Ende April 1945. Trotz umfangreicher Nachforschungen konnte die Familie keine Informationen über seinen Verbleib bekommen. „Dieses eine Schicksal steht stellvertretend für viele andere Norderneyer, die auf dem Ehrenfriedhof stehen und derer dort gedacht wird“, so Geismann.
Angehörige, die sich an dem Projekt beteiligen und ihre Erinnerungen teilen möchten, können Bernd Geismann unter Telefon 0163-6418561 oder per Mail unter bernd@geismann61.de erreichen.
Verfasst von Anja Pape
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