Beitrag vom Montag, 21. Dezember 2020

Große feuchte Dünentäler

Der Vorsitzende der Norderneyer Naturschutzbund (NABU)-Ortsgruppe Bernd Geismann fordert die sofortige Einstellung der laufenden Küstenschutzmaßnahme am Norderneyer Ostheller im östlichen Teil des Großen Dünentals. Diese lasse ihn „fassungslos und wütend“ zurück, so Geismann in einer Pressemitteilung. Die Maßnahme, die der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) durchführt, widerspreche jeglichen Zielen eines weltweit anerkannten Schutzgebietes, so Geismann: „Hier wird ein großer Teil mit Sand zugeschüttet. Das NLWKN und die Nationalparkverwaltung widersprechen sich mit dieser Maßnahme in ihren eigenen Vorgaben und Zielen.“ Laut der Niedersächsischen Strategie zum Arten- und Biotopschutz seien feuchte Dünentäler „Gebiete mit landesweiter Bedeutung, FFH-Lebensraum und Biotoptyp mit höchster Priorität für Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen“. Darüber hinaus seien sie unter anderem durch die Naturschutzgesetze des Bundes und des Landes Niedersachsen geschützt.

„Wozu eine Verfüllung in einem Dünental, dass mindestens seit hundert Jahren, eventuell auch seit Jahrhunderten kein Salzwasser mehr gesehen und sich durch Regen- und Grundwasser zu einem, auch für viele seltene und gefährdete Vogelarten wertvollen Nahrungs- und Brutgebiet entwickelt hat?“, fragt Geismann. Auch eine Kompensation für dieses über einen so langen Zeitraum gewachsene Gebiet sehe er nicht.

Der NLWKN nahm auf Nachfrage des Norderneyer Morgen Stellung zu der Forderung des NABU-Vorsitzenden. Die Dünenverstärkung sei aus Perspektive des Küstenschutzes zwingend notwendig, führt Pressesprecher Carsten Lippe aus. Die Schutzdünen würden dort gegenwärtig teils nur durch schmale Sanddämme gebildet, wiesen keine ausreichende Höhe und Breite auf und lägen gegenwärtig deutlich unter dem Bemessungswasserstand. Diese zu schwachen Schutzdünenabschnitte müssen erhöht und verstärkt werden, um eine ausreichende Wehrhaftigkeit gegen Sturmfluten zu gewährleisten: „Mit der Umsetzung des Vorhabens erfüllt der NLWKN konkrete Vorgaben des Generalplans Küstenschutz Niedersachsen und damit eine gesetzliche Verpflichtung gemäß dem Niedersächsischen Deichgesetz.“ Die Maßnahme sei in enger fachlicher Abstimmung mit der Nationalparkverwaltung (NLPV) so konzipiert worden, dass Beeinträchtigungen der Natur minimiert würden. Dadurch sei von dem 56 Hektar umfassenden Feuchten Dünental lediglich eine Fläche von ca. 0,1 Hektar betroffen sowie Kriechweidengebüsche feuchter Ausprägung mit einem Flächenanteil von 0,3 Hektar.

Als Kompensation sei der Rückbau von nicht mehr für den Hochwasserschutz benötigten Dünendämmen vorgesehen, die bisher große Bereiche feuchter Dünentäler zerschnitten, so Lippe. Dadurch würden insbesondere Biotoptypen der nassen Küstendünentäler renaturiert und aufgewertet. Weiterhin sei geplant, durch Entfernung einer gebietsfremden invasiven Pflanzenart die natürliche Dynamik der nassen Dünentalvegetation wiederherzustellen und die Entwicklung gebietstypischer Pflanzenarten zu fördern.

Die Nationalparkverwaltung zeigte auf Nachfrage Verständnis für die von Geismann vorgebrachte Kritik, schließlich komme es durch die Küstenschutzmaßnahme zu einer Beeinträchtigung wertvoller Schutzgüter. In diesem Fall seien die Belange des Küstenschutzes jedoch vorrangig zu betrachten, so NLPV-Pressesprecherin Imke Zwoch: Nach dem Gesetz über den Nationalpark „Niedersächsisches Wattenmeer“ (NWattNPG) seien alle Handlungen verboten, die den Nationalpark oder einzelne Bestandteile zerstören, beschädigen oder verändern. „Erhaltungsmaßnahmen der Träger der Deicherhaltung und im Küstenschutz sind jedoch, wie in diesem Fall, von den Verboten des NwattNPG freigestellt und damit zulässig“, so Zwoch. Belange des Naturschutzes seien bei der Planung berücksichtigt worden, so auch bei dem Verlauf der Fahrtrassen. Für die nach dem Bundesnaturschutzgesetz geschützten Biotoptypen, die grundsätzlich nicht durch Handlungen zerstört oder erheblich beeinträchtigt werden dürften, habe die NLPV auf Antrag des NLWKN eine Ausnahme zugelassen, da die Beeinträchtigungen durch die Kompensationsmaßnahmen ausgeglichen werden könnten.

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