AG Flüchtende

Foto: Sabine Sykora

Beitrag vom Donnerstag, 05. Januar 2017

Fühlen sich gut aufgenommen

Die Flüchtlingswelle hatte 2015 ihren Höhepunkt und auch Ostfriesland schuf Notunterkünfte. Die Inseln waren aufgrund eines Mangels an Wohnraum außen vor. Dennoch war das Interesse zu helfen sehr groß.

Als der Migrationsbeauftragte des Landkreises Aurich, Bernd Tobiassen, Anfang November 2015 im Martin-Luther-Haus einen Infovortrag zum Thema „Geflüchtete in Ostfriesland“ gab, stand für Gunda Behr sowie Christel und Günter Selbach schnell fest: „Da müssen wir was tun.“ Nach dem Vortrag setzten sich eine Handvoll Norderneyer zusammen und überlegten, was sie denn tun können. „Wer setzt sich den Hut auf?“ war die Frage von Gunda Behr. Schnell bildete sich eine feste Gruppe von zehn Personen. Ein paar Wochen später wurde sie gegründet – die Arbeitsgemeinschaft (AG) Flüchtlinge Norderney. Inzwischen gibt es die Bürgerinitiative über ein Jahr und der Norderneyer Morgen lud die Initiatoren Gunda Behr und Günter Selbach zum Redaktionsgespräch.

Große Hilfsbereitschaft

Zunächst war die Idee, die vielen Flüchtlingshelfer im Landkreis Aurich mit Kleider- und Fahrradspenden zu unterstützen, erzählen Behr und Selbach. Hier stieß die Gruppe auf große Hilfsbereitschaft der Norderneyer Bevölkerung, was Mut zum Weitermachen machte.

Infos für Arbeitgeber

Um auch den Arbeitgebern auf der Insel Informationen zum Thema „Beschäftigung von Geflüchteten“ zu geben, organisierte die AG eine Infoveranstaltung mit der Arbeitsagentur und dem Jobcenter des Landkreises Aurich. Ewald Focken, Bereichsleiter und stellvertretender Geschäftsführer des Jobcenters Norden gab den anwesenden Arbeitgebern Informationen rund um das Thema Flüchtlinge und Asylverfahren.

Gute Erfahrungen gemacht

Der Leiter vom Haus Detmold, Frank Schwäbisch, war einer der anwesenden Arbeitgeber und schilderte seine Erfahrungen mit zwei Männern aus Eritrea. Er habe „trotz Stolpersteine“ gute Erfahrungen gemacht, erzählte Schwäbisch. Die Menschen kämen aus einer anderen Kultur und es liege an uns, ihren Weg in unsere Kultur zu begleiten. Weitere Arbeitgeber auf der Insel folgten dem erfolgreichen Beispiel und stellten über das Jobcenter Geflüchtete ein.

Paten für jeden Geflüchteten

Mittlerweile hat die Arbeitsgruppe 25 Mitglieder. Bei den Treffen seien regelmäßig 15 Mitglieder dabei, freut sich Behr. Bei Gesprächsrunden werden Ideen gesammelt, um die Geflüchteten zu unterstützen. Zurzeit kümmert sich die AG um acht Männer aus Eritrea, die auf der Insel leben und arbeiten, sagt Behr. Die Mitglieder der AG Flüchtlinge pflegen persönliche Kontakte zu den überwiegend jungen Männern. So wurden jedem Geflüchteten ein bis zwei Paten zur Seite gestellt, die beim Erlernen der Sprache, bei Behördengängen, Arztbesuchen, der Familienzusammenführung und im täglichen Leben unterstützen.

Gut integriert

Die Geflüchteten, die hier auf der Insel leben, seien sehr anpassungswillig, freuen sich die Initiatoren. Sie fühlen sich gut in die Inselgemeinschaft integriert, aber vieles sei ihnen noch fremd und unverständlich. So kam schon mal die Frage, warum man denn die Alten in ein Heim gebe? Das sei in deren Land anders, dort kümmere sich der Familienbund um die ältere Generation. Dennoch seien sie sehr an der deutschen Kultur und den Gepflogenheiten interessiert und versuchen alles so zu machen, wie es verlangt werde.

Vertrauen ist gewachsen

Inzwischen sei der Kontakt zwischen den AG-Mitgliedern und den betreuten Eri-
treern enger geworden. Das Vertrauen sei gewachsen und so werden auch persönlichere Dinge angesprochen, welche auch die AG-Mitglieder an ihre emotionalen Grenzen bringe, fasst Behr zusammen. Von den Inselbewohnern fühlen sich die zwischen 21 und 40 Jahre alten Afrikaner sehr gut aufgenommen.

Aktuell stehe der Familiennachzug bei einigen betreuten Geflüchteten an, erzählt Behr. Von einem ihrer Schützlinge warten die Ehefrau und Kinder seit geraumer Zeit im Sudan darauf, dass sie nachkommen können. Der Behördenaufwand sei sehr hoch und mit enormen Schwierigkeiten verbunden, erzählt Behr. So müsse erstmal mit einem DNA-Test die Verwandtschaft nachgewiesen werden. Zudem müssen Unmengen an verlangten Papieren herangeschafft werden, was derzeit fast unmöglich scheint. Auch hier versuche die AG zu unterstützen. Dennoch ziehe sich die Familienzusammenführung über Monate hin, was sehr belastend für die hier lebenden Männer sei.

Unter dem Dach der Kirche

Seit Mai agiert die AG Flüchtlinge unter dem Dach der evangelischen Kirchengemeinde. So können künftig Spendenbescheinigungen ausgestellt werden. Zudem können Gelder beantragt werden, die von der evangelischen und katholischen Kirchen für die Flüchtlingshilfe zur Verfügung stehen. Zu den Treffen der AG, die alle zwei Wochen stattfinden, ist jeder eingeladen.  Die Arbeit wird unterstützt durch Geld- und Sachspenden von Privatpersonen, Unternehmen, Verbände und Institutionen auf Norderney. Interessierte können sich an Gunda Behr unter Telefon 04932-1677 oder per Mail an agfluechtlingeney@outlook.de wenden.

Auf dem Foto sind Günter Selbach (li) und Gunda Behr (re), zwei der Initiatoren der Arbeitsgemeinschaft Flüchtlinge Norderney.

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