Strommodell aktuell nicht vorteilhaft

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Beitrag vom Samstag, 07. Juni 2025

Strommodell aktuell nicht vorteilhaft

Strom lokal erzeugen und möglichst direkt und günstig selbst nutzen: Diese Idee steht hinter dem sogenannten Eigenstrommodell, das Stadtwerkegeschäftsführer Holger Schönemann im Umweltausschuss auf Anfrage des Ausschusses vorgestellt hat. Nach intensiver Prüfung rät er der Stadt jedoch davon ab, das Konzept derzeit auf der Insel umzusetzen.

„Das Modell klingt zunächst attraktiv“, begann Schönemann seinen Vortrag. Es sehe vor, dass Strom aus städtischen Solaranlagen möglichst genau dann genutzt wird, wenn er gewonnen wird – etwa für das Wasserwerk, Schulen oder Verwaltungsgebäude. Das Modell funktioniert wie ein imaginäres Stromkonto: Nur was zur selben Zeit erzeugt und verbraucht wird, kann gegeneinander aufgerechnet werden. Wer gleichzeitig produziert und verbraucht, spart mit dem Strombilanzkreismodell, das Schönemann „Eigenstrommodell“ nennt.

Netzgebühren und Steuern

Grundsätzlich sei eine technische Umsetzung des Modells kein Problem. Notwendig ist dafür die Ausstattung der städtischen Liegenschaften mit speziellen Zählern, die eine Viertelstundenmessung ermöglichen. Zudem müsste ein fiktiver Bilanzkreis eingerichtet und bei der Bundesnetzagentur registriert werden. Die Stadtwerke können dabei das Management und die Abrechnung übernehmen.

Schönemann hat das Modell mit realen Verbrauchs- und Erzeugungsdaten der vergangenen Jahre geprüft und das Ergebnis mit dem bestehenden System verglichen, bei dem überschüssiger Solarstrom nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vergütet wird. Sein Fazit: „Im Moment rechnet sich das Eigenstrommodell nicht.“

Das klassische EEG-Modell bringe derzeit rund sechs Prozent mehr Einsparungen als das Eigenstromkonzept. Grund ist aus seiner Sicht vor allem der gesunkene Strompreis am Markt: „Das Modell hat gut funktioniert, als die Strompreise extrem hoch waren“. Zudem sei der Stromverkaufswert am sogenannten Spotmarkt, an dem Energie kurzfristig an- und verkauft werden kann, stark schwankend: „Man kann damit viel Geld verdienen, aber genauso gut kräftig draufzahlen“, sagt Schönemann. Auch eine mögliche Senkung der Stromsteuer ändere daran wenig: „Das verschärft eher die Lage für das Eigenstrommodell.“

Fazit: Für Norderney derzeit ungeeignet

Während Kommunen mit vielen öffentlichen Gebäuden und einem breit aufgestellten Solarnetz vom Modell profitieren könnten, fehle auf Norderney die nötige Größenordnung. „In größeren Kreisen mit Dutzenden Solaranlagen und Tausenden Verbrauchern sieht die Rechnung anders aus“, so der Stadtwerkegeschäftsführer: „Für Norderney kann ich das im Moment nicht empfehlen“.

Die Stadt betreibt derzeit sechs Photovoltaikanlagen und ein Blockheizkraftwerk mit einer Gesamtleistung von 301 Kilowatt. Die meisten dieser Anlagen sind neu und auf Eigenverbrauch ausgelegt, das bedeutet, die Energie wird da genutzt, wo sie gewonnen wird. Hinzukommen könnte zukünftig eine Freiflächenanlage für Solarstrom am Klärwerk. Derzeit wird hier geprüft, ob diese realisierbar ist.
Ein Einwohner wollte nach dem Vortrag wissen, ob sich das Modell lohnen würde, wenn zusätzlich die Solarstrom-Anlagen anderer öffentlicher Gebäude, etwa von den Stadtwerken und der Kurverwaltung, in die Rechnung einbezogen würden. Die Gesamteinspeiseleistung in einem Eigenstrommodell fiele damit deutlich höher aus als die der städtischen Liegenschaften allein.

Schönemann bestätigte zwar, dass es auf der Insel eine größere Zahl öffentlich genutzter Gebäude mit Photovoltaikanlagen gibt, doch selbst bei einer Zusammenfassung aller dieser Einrichtungen ist aus seiner Sicht die Wirtschaftlichkeit des Eigenstrommodells derzeit nicht zu verbessern. Hinzu kommt, so gab er zu bedenken, dass viele dieser Gebäude derzeit an bestehende Einspeiseverträge nach dem EEG gebunden sind.

Unabhängig davon bekräftigte er die Notwendigkeit des Ausbaus von Solaranlagen auf der Insel: „Das ist unsere einzige Möglichkeit, um vom fossilen Erzeugen von Strom wegzukommen.“ Auch ohne ein Eigenstrommodell lohnt es sich nach seinen Angaben, weiter in Solarstrom-Anlagen zu investieren und dabei andere Fördermöglichkeiten zu nutzen: „Das ist ein Weg, den man auf jeden Fall bestreiten sollte.“