Beitrag vom Donnerstag, 10. Juli 2025
Rat hebt beanstandete Satzung auf
Selten war die öffentliche Beteiligung im Stadtrat so groß: Über 40 Einwohner verfolgten die Sitzung im Conversationshaus, viele mit drängenden Fragen zur Zukunft des Dauerwohnraums auf der Insel. Im Mittelpunkt stand die kontrovers diskutierte Zweckentfremdungssatzung, die der Rat nach langen Beratungen mit einer Beschlussmehrheit aufhob. Bürgermeister Frank Ulrichs erinnerte daran, dass die Neufassung der Satzung vom Dezember 2024 von der Kommunalaufsicht des Landkreises als rechtswidrig beanstandet worden war. „Uns wurde empfohlen, den Beschluss aufzuheben. Andernfalls sähe sich der Landkreis gehalten, entsprechend dagegen vorzugehen“, so Ulrichs. Trotz der juristischen Bedenken betonte er, dass die Notwendigkeit einer Regelung zur Sicherung von Dauerwohnraum im Rat unbestritten ist.
Mit neun Ja-Stimmen, sechs Enthaltungen sowie zwei Gegenstimmen folgte der Rat schließlich dem Vorschlag, die Satzung aufzuheben, um über eine rechtssichere Fassung zu beraten, welche die Kommune in die Lage versetzt, gegen Zweckentfremdung von Dauerwohnraum vorzugehen. Gleichzeitig wurde vereinbart, in Kürze Gespräche aufzunehmen, um eine neue, tragfähige Regelung zu erarbeiten, die eine große Mehrheit findet.
Die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen hatte im Anschluss einen Antrag eingebracht, die bislang konsensfähigste Version der Satzung als Übergangslösung zu beschließen, um nicht ohne Satzung dazustehen.
Doch Fraktionssprecher Stefan Wehlage zog den Antrag nach deutlichen Signalen fehlender Unterstützung zurück. „Norderney geht also in die nächste Bausaison ohne Zweckentfremdungssatzung. Das ist zumindest unglücklich“, resümierte er.
In der anschließenden Einwohnerfragestunde wurden Sorgen um den schwindenden Dauerwohnraum laut. Bürger mahnten insbesondere an, bestehende Bebauungspläne konsequenter zu überwachen. „Wie wollen Sie verhindern, dass Häuser mit Dauerwohnungen verkauft und dann in Ferienwohnungen umgewandelt werden?“, fragte eine Anwohnerin mit Blick auf den Generationenwechsel in der Südstraße. Bauamtsleiterin Claudia Ziehm räumte ein, dass die Kontrollmöglichkeiten begrenzt sind. „Wir haben ein digitales Hausarchiv, aber eine flächendeckende Überprüfung ist personell kaum leistbar“, sagte sie. Bürgermeister Ulrichs ergänzte: „Ohne eine gültige Zweckentfremdungssatzung fehlen uns rechtliche Befugnisse, um gegen Missbrauch vorzugehen.“ Er betonte zugleich, dass die Verwaltung in den vergangenen Jahren „viele Einzelerfolge“ erzielt hat, die jedoch nicht immer öffentlich sichtbar seien.
Bereits die große Beteiligung von Einwohnern bei der Ratssitzung macht deutlich: Das Thema Dauerwohnraum bleibt für die Insel von zentraler Bedeutung – und für die Kommunalpolitik eine der größten Herausforderungen der nächsten Monate.
Verfasst von Anja Pape
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