Beitrag vom Samstag, 02. November 2024
Krankenhaus: Mehrere Optionen sind denkbar
Die Ratsfraktionen haben sich nach Bekanntwerden der Insolvenz des Inselkrankenhauses in ihren Ortsverbänden beraten. Der Norderneyer Morgen hat nachgefragt und in zahlreichen Punkten herrscht Einigkeit wie weiter verfahren werden muss. Alle sprechen sich dafür aus, dass das Krankenhaus auf Norderney in irgendeiner Form erhalten werden muss. Insbesondere die Sicherung der Notfall- und Erstversorgung sehen die Parteien als zwingend notwendig. Über die Art und den Umfang einer Unterstützung durch die Stadt herrscht bislang noch Uneinigkeit. Während die Sozialdemokraten und die Grünen eine Re-Kommunalisierung für einen gangbaren Weg halten, sehen FDP und CDU darin keine Option. Alle Fraktionen fordern finanzielle und organisatorische Unterstützung vom Landkreis, Land und Bund, um die Gesundheitsversorgung der Insel langfristig zu gewährleisten.
SPD
„Die SPD steht zum Norderneyer Krankenhaus, eventuell auch in einer abgespeckten Form, und ist weiterhin bereit, finanzielle Unterstützung zu ermöglichen“, betont SPD-Fraktionsvorsitzender Rolf Harms. Sie hält eine Re-Kommunalisierung für zielführend und möchte damit die Einrichtung langfristig sichern. Alle Optionen müssen geprüft werden, so die Partei und sieht möglicherweise weitere Betreibermodelle mit anderen Institutionen für denkbar. „Auch wenn wir in der Vergangenheit immer Überschüsse in unseren Haushalten ausweisen konnten, muss uns das Krankenhaus auch Steuererhöhungen wert sein. Wir glauben, dass wir finanziell keine Unterstützung sowohl vom Land als auch Landkreis bekommen“, erklärt Harms. Jede fachliche Unterstützung werde helfen. Weiterhin müssen nach Angaben der SPD die Rahmenbedingungen für die kleinen Krankenhäuser nun endlich auf den Weg gebracht werden. Hier ist allerdings der Bund zuständig.
CDU
Die CDU zeigt sich offen für eine Lösung mit städtischer Beteiligung und weiteren Akteuren und fordert klare Bedingungen und nachhaltige Strukturen, um die medizinische Versorgung langfristig zu sichern. Die Stadt kann aus ihrer Sicht das Krankenhaus finanziell unterstützen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind: „Dazu gehören für uns, die transparente und zweckgebundene Verwendung der Mittel“, erläutert der CDU-Fraktionsvorsitzende Jann Ennen.
Bevor finanzielle Hilfe gewährt wird, fordern die Christdemokraten auch alternative Lösungen für eine medizinische stationäre Not- und Akutversorgung in Betracht zu ziehen. Außerdem muss aus ihrer Sicht die finanzielle Unterstützung mit einem Konzept verbunden sein, das die langfristige wirtschaftliche Stabilität und die Qualität der Krankenhausversorgung auf der Insel sichert. Eine Re-Kommunalisierung lehnt die CDU jedoch ab. „Die Notfall- und stationäre Gesundheitsversorgung der Bevölkerung und der Touristen darf nicht eingestellt werden“, so Ennen, „sondern muss in einem passenden Rahmen stabilisiert und fortgeführt werden.“ Die CDU sieht im Falle eines Krankenhausverlustes die Gefahr eines Abwanderns von Fachärzten von der Insel.
Zu den nächsten Schritten muss nach Angaben der CDU eine Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse und der Zukunftsperspektiven des Krankenhauses gegenüber der Stadt gehören.
Grünen
Die Grünen halten eine Re-Kommunalisierung ebenfalls für ein gangbares Modell, um die medizinische Versorgung auf der Insel in Zukunft zu sichern und erklären: „Solange Norderney seine kommunalen Aufgaben (Erhalt der Bildungseinrichtungen, Wasser- und Energieversorgung, etc.) nicht vernachlässigen muss, um die Last eines Krankenhausdefizites zu tragen, sollte auch die kommunale Gesundheitsfürsorge durch finanzielle Unterstützung sichergestellt werden.“ Aus ihrer Sicht sind ein Stiftungsmodell mit der Beteiligung der Kommune sowie andere Beteiligungsmodelle eine mögliche Lösung. „Aber ohne unsere kommunale finanzielle Unterstützung, in welcher Form und Kooperation auch immer, wird es unserer Meinung nach nicht möglich sein, eine zukunftsorientierte Gesundheitsfürsorge auf der Insel zu sichern“, unterstreicht Ronny Aderhold von den Grünen. Die nächsten Schritte müssen nach Angaben der Grünen die Abwendung der Insolvenz sowie eine Bedarfsanalyse umfassen. Vom Landkreis erwarten die Inselgrünen neben einer finanziellen auch eine personelle Unterstützung, beispielsweise bei der Übernahme von Wochenenddiensten. Aderhold: „Die Landesregierung sollte die in unseren Augen notwendige bauliche Umstrukturierung des Norderneyer Krankenhauses finanziell unterstützen, egal ob bei Sanierung, Neubau oder bei der Mitfinanzierung von medizinischen Geräten. Vom Bund erwarten wir Bundeshilfen und Förderprogramme für Krankenhäuser an sensiblen Standorten.“
Freie Wähler Norderney (FWN)
Die FWN-Fraktion unterstützt die Idee einer finanziellen Beteiligung der Stadt, sofern dies die langfristige Existenz des Krankenhauses sichert. Die Freien Wähler sehen aber durchaus eine Gefahr in einer Re-Kommunalisierung: „Es könnte ein finanzielles Fass ohne Boden für die Stadt Norderney sein, welches deren Finanzausstattung erheblich überfordern würde, wie dieses bereits auch schon vor über 20 Jahren der Fall war.“ Besonders wichtig sind daher für die FWN eine detaillierte wirtschaftliche Bestandsaufnahme sowie ein Sanierungskonzept zur Restrukturierung des Krankenhauses. Von übergeordneten Institutionen erwarten sie finanzielle Unterstützung und eine stärkere Einbindung des Landkreises.
FDP
Die FDP-Fraktion sieht eine finanzielle Hilfe vonseiten der Stadt Norderney für „absolut denkbar“ und FDP-Fraktionsvorsitzender Manfred Hahnen betont: „Es muss mit aller Macht die Insolvenz abgewendet werden, denn eine ambulante Erstversorgung halten wir für das absolut Notwendigste.“ Die Liberalen lehnen jedoch eine Re-Kommunalisierung der Einrichtung kategorisch ab: „Wir glauben, dass dies von einer Kommune mit 6.000 Einwohnern nicht leistbar ist.“ Aufgeschlossen zeigt sich die Fraktion aber für Lösungen, die eine städtische Beteiligung oder eine Beteiligung in einer Stiftung oder ähnlichem vorsehen. Zu prüfen wäre aus Sicht der FDP auch, ob die Wohnungsgesellschaft Norderney das Gebäude kaufen könnte, um dort Dauerwohnungen einzurichten und an anderer Stelle ein kleines Krankenhaus errichtet werden kann. Hahnen: „Wir erwarten vom Landkreis nicht nur Worte, sondern auch Taten. Notwendig ist nicht nur eine finanzielle Unterstützung, sondern auch die Hilfe mit Know-How, denn wir benötigen auch Unterstützung bei einer Machbarkeitsstudie und Konzeptentwicklung.“
Verfasst von Anja Pape
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