Gedenken zum Volkstrauertag: Wachsamkeit und Verantwortung

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Beitrag vom Montag, 17. November 2025

Gedenken zum Volkstrauertag: Wachsamkeit und Verantwortung

In der Friedhofskapelle versammelten zahlreiche Norderneyerinnen und Norderneyer zur städtischen Gedenkstunde zum Volkstrauertag. Bürgermeister Frank Ulrichs erinnerte in einer eindringlichen Rede an die Opfer von Krieg, Gewaltherrschaft und Vertreibung und stellte den Tag in den Zusammenhang einer weltpolitisch angespannten Gegenwart.

Bereits zu Beginn bat Ulrichs um einen Moment des Innehaltens. Der Volkstrauertag, so sagte er, lade jedes Jahr dazu ein, „still zu werden und im Bewusstsein dessen zu gedenken, was Menschen durch Gewalt und Unrecht erlitten haben“. Er sprach von den Millionen Toten der beiden Weltkriege und erinnerte an die Schicksale, die auch auf Norderney sichtbar bleiben: 190 Gefallene beider Kriege ruhen auf dem Ehrenfriedhof, darunter Marinesoldaten des Inselwacht-Bataillons, sieben russische Kriegsgefangene und zahlreiche Männer der Küstenfliegerstaffel, Marine und Luftwaffe. Auch die beiden 1942 erschossenen Kriegsgefangenen fanden in seiner Rede Erwähnung. An ihren Tod erinnert ein Holzkreuz. Der Bürgermeister spannte den historischen Bogen weit bis in die Gegenwart. Achtzig Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zeige der Blick in die Welt, wie fragil Frieden ist. Ulrichs erinnerte an die anhaltenden Angriffe auf Städte in der Ukraine, die verheerende Lage im Gazastreifen und die wachsende Zahl Geflüchteter weltweit. „Leid kennt keine Grenzen“, mahnte er.

Besorgt äußerte sich Ulrichs über die politischen Entwicklungen in Europa. Demokratie, so der Bürgermeister, müsse heute nicht gegen Panzer verteidigt werden, sondern gegen Gleichgültigkeit, Zynismus und die Verachtung demokratischer Institutionen.

Ulrichs: „Es beginnt nie mit einem Putsch. Es beginnt mit Worten.“ Wer andere ausgrenze oder die demokratische Ordnung verächtlich mache, schwäche das Fundament der gemeinsamen Freiheit. „Wer heute wegschaut, wenn andere ausgegrenzt, beleidigt oder bedroht werden, der darf sich morgen nicht wundern, wenn die Stimme der Menschlichkeit auch für ihn verstummt“, so der Bürgermeister und forderte: „Nie wieder Krieg. Nie wieder Diktatur. Nie wieder Ausgrenzung.“ Erinnerung ist nach seiner Ansicht keine Rückschau, sondern eine Haltung, die in Schulen, Familien, Vereinen und Gemeinden gelebt wird: „Frieden entsteht dort, wo Menschen einander zuhören, wo sie die Unterschiede nicht als Bedrohung, sondern als Bereicherung verstehen.“ Ulrichs freute sich daher besonders, dass Schülerinnen und Schülern der Kooperativen Gesamtschule die Traueransprache unterstützten. Sie hatten sich im Wahlpflichtkurs Geschichte mit dem Kriegsende auf der Insel beschäftigt und sprachen am Ehrenfriedhof das Totengedenken. Ulrichs würdigte ihre Mitwirkung ausdrücklich als ein Zeichen dafür, dass das Erinnern auf Norderney „eine lebendige Brücke zwischen den Generationen“ bleibt. Er dankte zudem der Freiwilligen Feuerwehr, der Reservistenkameradschaft und der Bläsergruppe rund um Kantorin Gudrun Fliegner für die Mitwirkung.