Beitrag vom Samstag, 22. April 2017
Film über Rettungsarbeit bewegt
Absolute Stille herrschte in der katholischen Kirche Stella Maris nach dem Filmvortrag „Minden Replying“. Dann folgte minutenlanger stehender Applaus der rund 300 Gäste, der die Initiatorin von „Lifeboat“, Susanne Salm-Hain und den Norderneyer Christian Brensing emotional sehr bewegte.
Der Film von Maik Lüdemann zeigte die beindruckende Arbeit von Lifeboat. Der Filmemacher begleitete die Lebensretter auf eine ihrer Missionen im Mittelmeer. Die private Organisation „Lifeboat“ hat sich zum Ziel gesetzt, Bootsflüchtlinge vor der lybischen Grenze vor dem sicheren Tod zu retten. Mit dem ehemaligen Seenotkreuzer „Minden“, der bislang in Privatbesitz ist, fährt die Crew seit vergangenem Sommer Rettungseinsätze im Mittelmeer. Der Film bringt das Ausmaß der Rettungsmissionen zum Vorschein. Die Kinder weinen, Frauen und Männer sind verängstigt, durchnässt und durchgefroren. Einer der Geretteten erzählt im Film davon, dass sie auf den Tod gewartet haben, da die Lage aussichtslos schien. Spätestens an dieser Stelle flossen Tränen bei einigen Zuschauern.
Knapp 20 Stunden benötigt die „Minden“, um von ihrem Ausgangshafen Valetta auf Malta an die lybische Küste zu gelangen. Mit an Bord eine Crew von acht Menschen – freiwillig und ehrenamtlich – sowie Rettungswesten, Decken, Wasser, medizinische Ausrüstung und ein schnelles Schlauchboot. Am Ziel heißt es dann warten und Ausschau halten nach den Gummibooten. Diese sind so überfüllt, dass sie den Weg nach Europa niemals schaffen würden. „Die Menschen ertrinken dann einfach und niemand bekommt es mit, erklärt Susanne Salm-Hain. Fast keiner der Flüchtlinge kann schwimmen und keiner hat Rettungswesten an, ergänzt Christian Brensing. Der ehemalige Vormann des Norderneyer Rettungskreuzer ist Kapitän auf der „Minden“. Allein im Jahr 2017 gab es offiziell über 5.000 Tote, die auf dem Weg von Libyen nach Italien starben. Die Dunkelziffer liegt weit höher, sagt Salm.
Im Moment hat die Organisation ein Problem, denn der Eigner der „Minden“ stellt den Lebensrettern das Schiff nicht mehr zur Verfügung. Deshalb möchte „Lifeboat“ den Seenotkreuzer kaufen. Dazu benötigt die Organisation rund 200.000 Euro. „Wenn wir nur einen Menschen retten können, haben wir etwas erreicht“, so Diakon Markus Fuhrmann und bat um Spenden für die Arbeit der Lifeboat-Crew.
Die Spendenbereitschaft war riesig. Alleine an diesem Abend kamen über 7.000 Euro zusammen, davon 1.000 direkt von der katholischen Kirchengemeinde. Weitere 1.100 Euro wurden zugesagt, freuen sich die Organisatoren. Insgesamt waren bis Dienstagabend schon über 40.000 Euro für den Kauf des Schiffes zusammengekommen.
Am Mittwoch (19.4.) waren die Lifeboat-Verantwortlichen im italienischen Parlament vor einen Untersuchungsausschuss geladen. Grund hierfür ist, dass die privaten Rettungsorganisationen immer stärker unter Druck gesetzt werden, da sie die Flüchtlinge auf dem Meer aufnehmen und nach Italien bringen.
Das Argument, die privaten Organisationen würden den Schleppern in die Hände spielen, ist aber leicht zu entkräften. Die vermeintlich sichere Fahrt über das Mittelmeer ist nur ein kleiner Teil der langen Fluchtrouten. Der gefährlichste Teil ist auch nicht das Meer, es ist die Wüste. Die Schlepper sind derart skrupellos, dass sie massenhaft Menschen in Boote setzen, die überhaupt keine Chance haben, auch nur in Reichweite europäischer Gewässer zu gelangen. Oft wird den Booten nach wenigen Meilen von so genannten Motorfischern der ohnehin zu kleine Außenbordmotor abgenommen. Der Tod wird hier zum Geschäft gemacht. Darum betonen die Verantwortlichen von „Lifeboat“, dass die Arbeit nicht politisch ist. Es geht darum, Menschen vor dem sicheren Tod zu bewahren.
Verfasst von Sabine Sykora
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