Den weiteren Weg abgesteckt

Mit großem Presse- und Polizeiaufgebot trafen sich rund 65 Bundestagsabgeordnete aus den SPD-Landesgruppen Niedersachsen/Bremen und Nordrhein-Westfalen zur Frühjahrstagung im Norderneyer Conversationshaus. Staatssekretär Johann Saathoff hieß die hochrangigen Gäste in seinem „schönsten Wahlkreis Deutschlands“ willkommen.

Unter dem Schlagwort „Stabilität und Stärke“ diskutierten die Abgeordneten in mehreren Gesprächsrunden über die aktuellen Vorhaben der Bundestagsfraktion und nutzten die Zusammenkunft auch, um das eigene Profil für die kommenden Monate zu schärfen und für die eigenen Vorhaben wie die geplante Krankenhausreform oder die Auflösung der Schuldenbremse zu werben, nicht ohne die ein oder andere Spitze gegen die Koalitionspartner, denn, wie Arbeitsminister Hubertus Heil feststellte, „wir sind im Europawahlkampf und wir stehen vor den ostdeutschen Landtagswahlen und wir sind auch in Vorbereitung für das nächste Jahr.“ Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich appellierte daher an die Anwesenden, „die Koalition verteidigen, aber zum Ende immer wieder sagen: Wer ist die größte Regierungsfraktion in dieser Koalition und wer gibt auch den Weg in den nächsten Monaten vor.“ Eröffnet wurde die Diskussion jedoch von Yasmin Fahimi, die als Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes mit deutlichen und mahnenden Worten den Finger in die Wunden legte.

So unterstützte Fahimi die geplante Krankenhausreform, warnte aber vor einer massiven Insolvenzwelle: „Wenn nicht ein Programm kommt, das in den nächsten zwölf Monaten die Krankenhauslage finanziell stabilisiert, dann geht das als größte sozialdemokratische Katastrophe mit der Sozialdemokratie nach Hause.“ Zudem habe die SPD mit Blick auf das Bürgergeld den Kampf dahingehend verloren, dass es den politischen Gegnern gelungen sei, das Bürgergeld vollständig zu diskreditieren. „Der Sozialstaat ist unter Beschuss und er wird es bleiben“, so Fahimi, „deswegen ist es jetzt wichtig deutlich zu machen, dass er ein solidarisches Gemeinschaftsprojekt der Beschäftigten und nicht nur ein Auffangbecken ist.“ Fahimi sprach damit an, was im Laufe der Tagung mehrfach zur Sprache kommen sollte: eine gewisse Einigkeit, aber auch Ernüchterung darüber, dass man viel erreicht habe, es aber an einer erfolgreichen Kommunikation gegenüber der Bürgerschaft hapere.

Von Kommunalpolitik bis Europa

Um Erfahrungen aus den Kommunen bei der Umsetzung von Landes- und Bundesentscheidungen ging es in der nächsten Gesprächsrunde zum Thema „Daseinsvorsorge im Fokus“, zu der die Pattensener Bürgermeisterin Ramona Schumann und der Oberbürgermeister aus Hamm, Marc Herter, am Donnerstagnachmittag mit dem NRW-Landtagsfraktionsvorsitzenden Jochen Ott diskutierten.

Das Thema Europa und Sicherheitspolitik nahmen am Freitagvormittag die Vizepräsidentin des EU-Parlaments Katarina Barleben, Verteidigungsminister Boris Pistorius und NRW-Landesvorsitzender Achim Post in den Fokus, bevor gegen 11 Uhr Bundeskanzler Olaf Scholz in Begleitung einer Polizeieskorte am Conversationshaus eintraf. Mit Applaus wurde er durch die Abgeordneten in Empfang genommen.

In seiner Ansprache kam Scholz auf den Nahost-Konflikt ebenso zu sprechen wie auf den Krieg in der Ukraine und ging in der anschließenden Diskussion auf die Fragen der Abgeordneten von der Energiewende über Welthandels- und Industriepolitik bis hin zum Bürokratieabbau ein. Keine anderthalb Stunden später war die Klausur beendet und der Kanzler wieder auf dem Weg zum Flugplatz, während die übrigen Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit der Fähre zurück auf das Festland reisten.

Keine polizeirelevanten Störungen

Die zweitägige Veranstaltung fand unter einem großen Polizeiaufgebot mit mehreren Hundert Polizeikräften statt und verlief aus polizeilicher Sicht ohne Störungen, wie die Polizeiinspektion Aurich/Wittmund mitteilt. Das nächste politische Treffen auf der Insel folgt bereits mit der Klausurtagung der niedersächsischen CDU-Landtagsfraktion, die ebenfalls im Conversationshaus stattfindet.